Um was geht es in diesem Kriterium?
Analysieren, was in puncto Nachhaltigkeit fรผr das Unternehmen wesentlich ist, darauf aufbauend eine Strategie entwickeln und Ziele formulieren โ das waren die Inhalte der drei ersten Kriterien. Nun geht es darum zu zeigen, ob und wie Sie dabei die gesamte Wertschรถpfungskette einbeziehen. Was versteht man unter โTiefeโ einer Wertschรถpfungskette?
Je nach Geschรคftsfeld ist die Wertschรถpfungskette unterschiedlich lang beziehungsweise verzweigt: In der Textilindustrie etwa gibt es viele Stufen zwischen beispielsweise Baumwollanbau, Spinnerei, Weberei รผber Design und Nรคherei bis hin zum Handel und der Altkleiderentsorgung. Besonders hier sind die immensen รถkologischen (vor allem im Anbau beispielsweise der Baumwolle) und die sozialen Herausforderungen (Arbeitsbedingungen in Nรคhereien) รถffentlich geworden. Teilweise รคhnlich herausfordernde Bedingungen finden sich in der IT- und Elektronikindustrie.
Mit der โTiefeโ beschreiben Sie also die Stufen Ihrer Wertschรถpfungskette: Rohstoffbeschaffung, Vorfertigung, Veredelung, Vertrieb, Logistik sowie den Lebenszyklus ihrer Produkte, der noch darรผber hinausreicht: Gebrauch der Produkte bei den Kunden sowie Recycling und Entsorgung. Geben Sie an, bis zu welcher Stufe Sie Informationen haben.
Da die Wertschรถpfungskette nicht an den Unternehmensgrenzen aufhรถrt, sondern die verschiedenen Zulieferer und auch deren Zulieferer mit einbezieht, sollten sich die Unternehmen aller Branchen ihre Wertschรถpfungskette genauer anschauen. Viele Unternehmen wissen oft nicht, wie ihre Rohstoffe oder Vorprodukte hergestellt werden.
Die erste Forderung lautet hier: Als Unternehmen Mitverantwortung erkennen und รผbernehmen. Damit verringern Sie auch die Risiken fรผr Ihr Unternehmen. Zum Beispiel kรถnnten schadstoffhaltige oder fehlerhafte Vorprodukte dazu fรผhren, dass Sie ein Produkt zurรผckrufen mรผssen. Wird bekannt, dass Produkte von Kinderhand oder unter unsozialen Arbeitsbedingungen gefertigt wurden, schadet das Ihrem Ruf. Solchen und anderen sozialen und รถkologischen Risiken kรถnnen Sie entgegenwirken, wenn Sie genauer รผber die eigene Liefer- und Wertschรถpfungskette Bescheid wissen.
Der Blick รผber den Tellerrand
Produzierende Unternehmen mรผssen bei sich und ihren Lieferanten die soziale und รถkologische Qualitรคt ihrer Vorprodukte hinterfragen.
In die andere Richtung wendet sich der Blick, wenn es um die Nutzungsphase geht:
- Sind die Produkte nutzerfreundlich?
- Welche รถkologischen oder gesundheitlichen Themen stellen sich im Gebrauch?
- Sind sie rรผcknahme- und recyclingfรคhig?
- Kann โend of lifeโ gar eine neue Wertschรถpfungsstufe fรผr das Unternehmen sein?
Fรผr viele KMU gilt allerdings, dass die Wertschรถpfung รผberwiegend im eigenen Unternehmen stattfindet und zugekaufte Komponenten und Produkte hรคufig in Deutschland gefertigt werden. Das gilt besonders fรผr Dienstleister. Doch auch hier kann es sein, dass Leistungen ausgelagert werden, Kundenservice beispielsweise in Call-Center, Transport an Logistikunternehmen, die fรผr ihre Leistungen gegebenenfalls noch einmal Drittfirmen beauftragen. Auch Dienstleister sollten sich Gedanken รผber ihre Wertschรถpfungskette machen und darรผber, wo Nachhaltigkeit wie zu planen ist.
Eine Werbeagentur zum Beispiel kann ihre Kunden darin beraten, mรถglichst umweltfreundliche Materialien einzusetzen, eine Immobiliengesellschaft hat den grรถรten Hebel, wenn sie darauf dringt, neue Gebรคude nachhaltig zu bauen und den Bestand รถkologisch zu sanieren.
Wie weit reicht der Einfluss?
Inwieweit aber kรถnnen Unternehmen ihre Wertschรถpfungskette auch beeinflussen? Das kommt ganz darauf an, welche Position sie am Markt haben. Je grรถรer der Umsatzanteil ist, den ein Unternehmen bei einem Lieferanten hat, desto eher wird dieser auf seine Wรผnsche eingehen. Eine Frage ist auch, wie viele verschiedene Lieferanten das Unternehmen hat. In jedem Fall aber sollten diejenigen mit den grรถรten Lieferanteilen nach sozialen und รถkologischen Risiken ihrer Produkte befragt werden.